Im Rahmen der Begabtenförderung an unserer Schule trafen sich 12 Schüler/innen des neunten Jahrgangs wöchentlich zum Lesen. Sie bildeten die Jury für den Betty-Reis-Buchpreis, der im Frühjahr 2021 feierlich in unserer Schule verliehen werden wird.
Anfang November 2019 trafen sich die SuS das erste Mal im Lesecafé unserer Schule. Begleitet hat das Projekt Stefanie Leo, Gründungsmitglied der Betty-Reis-Gesellschaft. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle für die spannende und bereichernde Arbeit mit ihr! Unterstützt wurde sie dabei von Frau Muth und Frau Getta.
Die Jury-Mitglieder haben dabei nicht nur viele verschiedene Jugendbücher zu den Themen Freiheit, Frieden und Toleranz gelesen und kennengelernt. Sie haben auch den Prozess der Jury-Arbeit intensiv durchlaufen, Lesetechniken erprobt, Buchvorstellungen erarbeitet, konstruktiven Austausch eingeübt und vor allem viel Freude und Spaß gehabt. Ein Dankeschön an dieser Stelle für die Ausdauer und Mitarbeit aller Beteiligten!
Der Betty-Reis-Buchpreis wird im jährlichen Wechsel für ein deutschsprachiges Kinder- oder Jugendbuch verliehen. Dabei vermittelt der Inhalt in literarisch qualitätsvoller Weise die Werte Freiheit, Frieden und Toleranz.
Stationen der Jury-Arbeit
- Von der Longlist zur Shortlist
Die Jugendlichen wählten aus 25 Titeln, die die Verlage eingereicht hatten, fünf Titel aus: die Shortlist. Freundlicherweise schenkten die Verlage der Schule jeweils 4 Exemplare der ausgewählten Jugendbücher.
2. Lesen, lesen, lesen
Einmal in der Woche trafen sich nun die SuS zum Lesen im Lesecafé. Erste Leseeindrücke und Einschätzungen wurden ausgetauscht. Die Bücher wanderten von Hand zu Hand. Es wurde einsam gelesen, gemeinsam gelesen und manchmal auch gar nicht gelesen. Im Frühjahr verlangte Corona der Scholle-Jury so einiges ab, doch Frau Leo hielt weiterhin digital Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern.
3. Finale Jury-Sitzung: Der Siegertitel wird gekürt
Am 4. Juli war es soweit, der Siegertitel wurde gewählt. Dazu hatten die Schülerinnen und Schüler im Vorfeld kleinere Buchvorstellungen ausgearbeitet, die sie nun präsentierten.
Beurteilt wurden inhaltliche und gestalterische Punkte. Besonders gründlich überprüften die Jury-Mitglieder, ob die Themen Toleranz und Solidarität, Förderung von gemeinsamen Werten und ethischem Handeln, Abbau von Ängsten und Feindbildern in den Büchern überzeugend vermittelt wurden.
Nach langen Beratungen stand der Siegertitel fest: „Wo die Freiheit wächst“ – Ein Briefroman zum Widerstand der Edelweißpiraten von Rainer Maria Reifenberg. (Verlag arsEdition).
4. Highlight: Treffen mit einem Autor
Bei einem Tagesausflug ins Kölner NS-Dokumentationszentrum lernten die Schülerinnen und Schüler den Autor persönlich kennen und nahmen an einer exklusiven Lesung teil.
Zwei Jury-Mitglieder berichten von ihren Eindrücken und Erlebnissen:
Autorentreffen im EL-DE-Haus
Unser Treffen fand am 16.9.2020 statt. Der Treffpunkt mit Frank Maria Reifenberg wurde nicht zufällig ausgewählt. Das Treffen fand im EL-DE-Haus in Köln statt. Das EL-DE-Haus (gesprochen: L-D-Haus) verdankt seinen Namen den Initialen seines Bauherrn Leopold Dahmen. Dieses Haus hat eine besondere Geschichte. Das Haus war zu Beginn ein ganz normales Wohn- und Geschäftshaus, bis es von der Kölner Gestapo (Geheime Staatspolizei der NS) beschlagnahmt und als Zentrale benutzt wurde. Anfang Dezember 1935 ließ die Gestapo durch Häftlinge im Keller zehn Zellen und einen Galgen errichten. Im Tiefkeller befand sich ein Luftschutzraum. Häftlinge wurden dort manchmal mehrere Wochen und Monate eingesperrt. Dies erkannte man an den Wandinschriften der Zellen, manche waren auch in anderen Sprachen verfasst. Im Haus kann man diese Inschriften auch heute noch sehen. Die letzte Hinrichtung im EL-DE- Haus fand am 2. März 1945 statt. Dies ist der Grund, warum die Stadt Köln sich dazu entschieden hat, in diesem Gebäude das NS-Dokumentationszentrum zu errichten. Auch Edelweißpirat*innen (Jugendliche Widerstandsbewegung) wurden dort festgehalten. Da es in unserem gewählten Siegertitel „Wo die Freiheit wächst“ ebenfalls um sie geht, war der Ort passend gewählt.
Der Autor hat als Erstes mit uns über Kultur gesprochen und wie wichtig sie für Menschen ist und dass man die Vergangenheit nicht vergessen darf. „Menschen müssen Kultur erschaffen und Menschen müssen Kultur erleben, lebendig und in Farbe, sonst verlieren sie das Menschsein.“ (Frank Maria Reifenberg). Er hat uns einiges über die Arbeit als Autor erzählt und seine Notizen zum Buch gezeigt. Anschließend las er aus seinem Buch einen Brief von Lene an ihre Freundin Rosi nach dem 1000-Bomber-Angriff vor. Ebenfalls zeigte er uns viele Materialien und Originaldokumente, wie z.B. eine originale Zeitung aus der NS-Zeit.
Nach dem Autorentreffen hatten wir noch eine Führung durch das Haus. Es war eine ziemlich bedrückende Atmosphäre und man konnte sich gut vorstellen, wie schlimm es damals gewesen sein muss.
Maya Selbach
Lesen, Lesen, Lesen
Während des neunten und zehnten Schuljahres trafen wir uns regelmäßig in unserer Mittagspause zum Lesen im Lesecafé. Wir – das sind die Mitglieder der Betty-Reis-Jury. Wir sammelten durch das Lesen viele Eindrücke und lernten besonders durch zwei Buchtitel noch mehr über den Nationalsozialismus. Das frühere Leben und die historischen Ereignisse aus dieser Zeit haben uns sehr bewegt. Darüber hinaus lasen wir Bücher zu den Themen Freiheit, Rassismus und Toleranz. Uns wurde zudem bewusst, wie schnell Menschen ihre Rolle in einem Projekt zu ernst nehmen. Wie zum Beispiel in dem Buch „Staat X“, das eines der ausgewählten Bücher unserer Shortlist war.
Bei der Jury-Arbeit lernten wir Schüler ebenfalls etwas über das allgemeine Lesen. Uns wurde zum Beispiel vermittelt, dass man mindestens 30 Seiten gelesen haben sollte, um einen ersten Eindruck von einem Buch zu bekommen.
Lena Kröckertskothen